Nahrungsmittel für die NCPs – Corona-Situation

Nahrungsmittel für die NCPs – Corona-Situation

Nach vielen Telefonaten, Mails – überhaupt einem fast täglichen Informationsaustausch mit unseren Mitarbeitern in eSwatini (Swasiland) ist es dringend an der Zeit, über den derzeitigen Stand unseres Projekts LITSEMBA zu berichten.

Wie in Deutschland auch verändert sich die Situation während der Corona-Pandemie in eSwatini kurzfristig, oft täglich, und wir versuchen in regelmäßigen Mails und Telefon- oder WhatsApp-Gesprächen mit unseren Mitarbeitern vor Ort unsere Maßnahmen möglichst zeitnah anzupassen. Wir sind sehr froh, dass all das über WLAN problemlos und kostenfrei funktioniert – noch vor zwanzig Jahren wäre alles ohne digitale Kommunikationsmöglichkeiten sehr viel schwieriger (und kostspielig!) gewesen.

Auf Anweisung der Regierung und mit von ihr gestelltem Material wurden in der Zwischenzeit unsere sämtlichen Neighbourhood Carepoints von unseren MitarbeiterInnen desinfiziert und gerade wurde an die Kinder wie in jedem Jahr wieder warme Winterkleidung (Jogginganzüge) verteilt – der Winter ist im Bergland kühl und nach Sonnenuntergang sogar sehr kalt. Gerade in der jetzigen Situation wollten wir das Erkältungsrisiko reduzieren – und auch die Kombination Hunger und Frieren fanden wir unzumutbarIMG-20200603-WA0005

Nach mehreren Telefonaten schon im März wurde die Arbeit an den 88 Neighbourhood Carepoints (Kinderbetreuungshäusern) seitdem folgendermaßen organisiert: Um die Infektionsgefahr zu minimieren, wurde unser medizinischer Dienst zunächst vollkommen eingestellt. Wir wissen aus mehr als zehn Jahren Erfahrung mit regelmäßigen Besuchen an den Neighbourhood Carepoints (NCPs), dass an den Tagen, an denen unser medizinisches Team einen NCP besucht, dort ein unvorstellbares Gedränge herrscht. Es musste abgewägt werden, was das größere Risiko barg: Dass Menschen, die vor allem um diese Jahreszeit häufig auch nur mit Erkältungen kommen, unversorgt bleiben; oder dass sie sich bei einem nicht dringend notwendigen Besuch am NCP mit COVID 19 infizieren.

Inzwischen wäre der ambulante medizinische Dienst aber ohnehin nicht mehr zulässig: Auch in Eswatini gibt es seit Anfang Mai einen Lockdown, Schulen und Läden wurden geschlossen und Versammlungen von mehr als 20 Menschen verboten.

Damit konnten auch unsere NCPs nicht mehr arbeiten; da für viele Kinder die Mahlzeit am NCP aber die einzige des Tages ist, konnten wir sie unmöglich ausfallen lassen. Nun kommen die Kinder altersgestaffelt in zwei, manchmal drei Schichten an ihren NCP, nur um (in Freien) zu essen. Allerdings brachten die Schulschließungen für uns ein großes Problem: Auch für viele Schulkinder ist das Schulessen das einzige am Tag; nachdem das weggefallen war, kamen auch sie an unsere LITSEMBA-NCPs und verdrängten die Kinder dort.

Da unsere Mitarbeiter schon lange hervorragend mit den örtlichen Autoritäten (Chiefs, Inner Councils) vernetzt sind, wurde das Problem dort besprochen und es gab die Zusage, dass nur noch die an den NCPs registrierten Kinder Essen bekämen; tatsächlich konnten die örtlichen Autoritäten das offenbar durchsetzen. Es fällt uns sehr schwer, die Schulkinder nicht auch versorgen zu können; dafür reichen unsere Mittel aber definitiv nicht aus. (Vorstöße unserer örtlichen Mitarbeiter, dass doch auch die Schulen, an denen ja noch immer die Nahrungsmittel für die Schulmahlzeiten lagern, ein ähnliches Schicht-System einführen könnten wie LITSEMBA an den NCPs, wenn nötig über den gesamten Tag verteilt, stießen leider auf taube Ohren.)

Mitte Mai fand wieder ein Gespräch zwischen unserem Project Coordinator und dem World Food Programme, dem Nothilfeprogramm der Vereinten Nationen, statt, das unsere NCPs in den vergangenen Jahren und noch bis April mit Nahrungsmitteln versorgt hatte. Das Ergebnis war, dass das WFP in dieser sich zuspitzenden Situation zunehmender Nahrungsmittelknappheit in ganz Afrika in Swasiland nur noch NCPs der Region Lubombo versorgen würde – nicht mehr in Shiselweni, wo unsere LITSEMBA-NCPs liegen. Durch Ihre und eure großartige Unterstützung mit Spenden konnten wir die 88 NCPs mit einem gewaltigen Kraftakt im Mai und nun auch noch im Juni selbst mit Nahrungsmitteln versorgen. Das ist zwar großartig – „unsrere“ Kinder müssen nicht verhungern – trotzdem ist die Situation beängstigend. Wie lange wir diese Versorgung aufrechterhalten können, wissen wir nicht.

Gemeinsam mit unseren Mitarbeitern haben wir diskutiert, ob statt der täglichen Mahlzeit nicht lieber Food Packs für eine ganze Woche an jedes Kind ausgegeben werden sollten – Auslöser war, dass zwei Kinder an einem NCP positiv getestet wurden und wir das Infektionsrisiko neu einschätzen mussten. Wir haben uns dagegen entschieden. Nach Aussage unserer Mitarbeiter im Land ist der Hunger inzwischen so groß, dass auch Erwachsene an die NCPs stürmen würden, um Food Packs abzuholen, es wäre dann sehr schwer zu vermitteln, dass sie nur für die registrierten Kinder gedacht sind. Hinzu kommt, dass wir nicht einschätzen können, ob sie den Kindern nicht vielleicht auf dem Weg von anderen hungrigen Kindern oder Jugendlichen abgenommen würden; und schließlich, dass das Essen zu Hause natürlich mit der ganzen (evtl. auch erweiterten) Familie geteilt würde und so zwar alle einen Tag lang satt wären – die Kinder danach aber wieder hungern müssten. Dagegen erschien uns das Infektionsrisiko geringer. (In Deutschland wird ja die Infektionsgefahr für Kinder inzwischen intensiv diskutiert. Außerdem finden die Mahlzeiten an den NCPs im Freien statt.)

Für Spenden, im Augenblick vor allem für Nahrungsmittel, wären wir daher sehr, sehr dankbar!IMG_4253

(Hier ein Foto aus einer der beiden örtlichen Tageszeitungen zur Nahrungsmittelverteilung an unseren NCPs.)

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