Reisebericht Aufenthalt in eSwatini Mai 2022
Gerade sind wir von unserem ersten Aufenthalt in eSwatini seit dem Beginn der COVID-Pandemie zurückgekehrt. Wir können hier unmöglich über alles berichten – und haben daher versucht, einen chronologischen Bericht zu schreiben, der sowohl vom Projekt selbst erzählt, als auch die Umstände beschreibt, unter denen wir unsere Reise durchgeführt haben. Vielleicht ist so ein etwas besserer Einblick möglich? Auf alle Fälle: Wir sind sehr glücklich, dass endlich wieder eine Reise möglich war – ein bisschen war es wie Nachhause-Kommen!
Das Fahrzeug
Seit einigen Jahren fahren wir den letzten Rest der Strecke nach eSwatini vom Flughafen Johannesburg aus mit dem Mietwagen. (Ca. sieben Stunden.) Der wie immer schon von Deutschland aus gemietete Geländewagen war in Ordnung – hatte aber nicht, wie bestellt, ein Navi. Das Navi, das wir dann bekamen, hatte keine GPS-Funktion – etwas, das man in eSwatini dringend braucht, da die Gebäude außerhalb der Städte (und auch manche in den Städten) keine Adressen, nur Koordinaten haben. Erst auf der Fahrt stellten wir fest, dass das Navi außerdem defekt war – hätten wir die Strecke nicht gekannt, wir wären an den merkwürdigsten Orten gelandet, nur nicht an unserem Ziel. Außerdem wurden abenteuerliche Fahrtzeiten angegeben, bei denen wir glatt bis Kairo gekommen wären!
Was hätten unter diesen Umständen Menschen getan, die die Strecke nicht kennen und daher nicht einmal gemerkt hätten, dass sie in die Irre geleitet wurden? Ein kleines Glücksgefühl, weil wir uns so gut auskennen!
Der Grenzübergang
Für den Grenzübergang von Südafrika nach eSwatini in Mahamba haben wir diesmal zweieinhalb Stunden gebraucht. Als Erstes mussten wir auf südafrikanischer Seite unsere vollständige Impfung nachweisen. Danach konnten wir uns im Grenzgebäude in Südafrika einen Stempel in den Pass holen. An einer Schranke bekamen wir dann einen Slip mit der Autonummer und durften zum Grenzgebäude auf der Seite von eSwatini fahren. Dort an zwei Schaltern wieder Impfnachweis und Passkontrolle. Mit dem Stempel im Pass und dem Slip von der Schranke mit der Autonummer ging es nun zum nächsten Schalter, um Straßenzoll für eSwatini zu bezahlen – das ging seit diesem Aufenthalt nur noch mit Kreditkarte. Dort bekamen wir einen neuen Bestätigungsslip für unser Auto. Damit durften wir nun zur nächsten Schranke fahren, dort alles vorzeigen – und waren in eSwatini!
Der nächste Schritt: ESwatini hat ein eigenes Netz, es gibt kein Roaming. Darum muss man an der Grenze eine swasi SIM-Karte kaufen und ins Handy einsetzen. Früher ging das einfach so – seit drei Jahren muss der Kauf online registriert werden, und das war diesmal kompliziert. Ich musste (wie schon beim letzten Aufenthalt) meinen Pass vorlegen: „Which Country?“. „Germany“. Steht aber nicht im Pass! Da steht „Deutschland“ (warum um Himmels Willen steht nicht klein Germany darunter?) Deutschland gab es nicht in der MTN Liste. Ich: „Check on the Internet, Germany is Deutschland!“ Problem: An der Grenze gab es gerade keinen Internet-Zugang (!). Schließlich hielt der junge Mann mich für vertrauenswürdig und gab für die SIM-Karte „Germany“ ein. Nur: Registrieren – und hinterher freischalten! – konnte er sie immer noch nicht, da es ja kein Netz gab. Also warten, warten, warten – zwei Stunden lang. Dann gab es ein Netz, hatte ich meine Karte und konnte wenigstens telefonieren. Allerdings hatte uns das so viel Zeit gekostet, dass wir erst bei Dunkelheit (im Augenblick ab 17.30) in Nhlangano ankamen – und selbst das deutsche Außenministerium warnt dringlich vor Fahrten in der Dunkelheit wegen der vielen Fahrzeuge ohne Licht und des schlafenden Viehs auf den Straßen…. Aber wir haben es heil geschafft!
Die Unterkunft in Nhlangano
Unsere LITSEMBA Projektregion ist das „Bundesland“ Shiselweni, das abgelegenste und infrastrukturell am wenigsten entwickelte eSwatinis. Die Distrikthauptstadt Nhlangano, wo unser Büro liegt und von wo aus unsere einheimischen Mitarbeiter:innen (und wir) unsere Kinderbetreuungshäuser besuchen, kennt keinerlei Tourismus, darum gibt es kaum Übernachtungsmöglichkeiten. (Eigentlich nur eine.) Bisher waren wir immer problemlos in einem einfachen Gästehaus in Nhlangano untergekommen – aber schon in Deutschland hatten wir am Telefon erfahren, dass sie ausgebucht wären. (Geschäftsreisende, Hilfsorganisationen.) Im Auto schlafen? Unser Project Coordinator fand dann doch noch eine Unterkunft für uns. Nach der Ankunft im Dunkeln der erste Schock: ein stattlicher Preis, aber wir hatten schließlich keine Wahl. Überall gesprungene Fliesen, tiefe Risse im Boden, fleckige und löcherige Bezüge (nein, das kannten wir von unserem früheren B&B in Nhlangano nicht), aber auch nicht wirklich extrem dreckig. (Eine einheimische Mitarbeiterin: „Not obviously filthy.“) Keine Heizung, trotz der Nachttemperaturen deutlich unter zehn Grad, die hatten wir aber auch nicht erwartet. – Der zweite Schock: Das versprochene WLAN gab es nicht. Der dritte Schock: Es gab kein Wasser, auch am nächsten Morgen nicht. (Kein Zähneputzen, Duschen, Toilettenspülung, Kaffee…) Wir mussten also ohne all das zu unsrem Projekt fahren. (Für den zusätzlichen Stromausfall konnte das Gästehaus natürlich nichts.) Nach einem sehr energischen Gespräch gab es am Abend Wasser. (Managerin: „From now on Iˋll check the pump!“) Sogar eine Art von WLAN: Fünf Minuten da, zwanzig Minuten nicht mehr, fünf Minuten da….. Auch dafür konnte das Gästehaus vermutlich nichts. – Der letzte Schock am Abreise-Morgen: Gezahlt werden konnte nur Cash. Und die ATMs haben ein Limit: Abgehoben werden kann nur bis zu 2000 Emalangeni (120 Euro), zahlen mussten wir ein Vielfaches. Und „Quick Money“ bei der Standard Bank, auf das die Managerin uns verwies, konnten wir nicht bekommen, weil wir dafür eine Karte der Standard Bank gebraucht hätten…. Mit mehreren Kreditkarten haben wir dann das nötige Geld aufgetrieben. Der für diese Zeit eigentlich geplante Termin allerdings musste dadurch ausfallen. – Mir ist sehr bewusst, dass den Angestellten in der Unterkunft nicht klar war, welche Probleme sie uns bereiten würden. Wasser fehlt eben immer mal, wenn man die Pumpe nicht regelmäßig kontrolliert, kein Grund zur Aufregung. Und WLAN konnte doch nicht so wichtig sein! Und die Einheimischen zahlten eben immer bar…. (Vermutlich allerdings nicht ansatzweise so viel wie wir!) Wir haben einfach unterschiedliche Erfahrungshintergründe, unterschiedliche Perspektiven und damit unterschiedliche Erwartungen. Und da sie ein Leben wie unseres nicht kennen und es sich nicht einmal vorstellen können, ist es natürlich unsere Aufgabe, die Probleme zu verstehen und zu akzeptieren; und das, ohne allzu verärgert zu sein.
COVID
Unsere NCPs hatten sehr früh auf die Pandemie reagiert: Zwar mussten sie in mehreren Lockdowns schließen, immer aber bekamen die Kinder – im Freien und in mehreren Gruppen nach einander – ihre tägliche Mahlzeit. (Anders als an den Schulen, die auch geschlossen hatten – und darum auch keine Mahlzeiten ausgaben. Für viele Kinder eine Katastrophe.) Außerdem besuchte unser Medical Outreach Team alle NCPs, verteilte Handdesinfektionsmittel, klärte über Hygiene-Maßnahmen auf; und eins unserer Einkommen schaffenden Projekte (dazu s.u.) nähte Masken für alle Kinder und Caregivers. – In eSwatini sind ca. 25% der Bevölkerung mindestens einmal geimpft und wir empfanden den Umgang mit Covid als sehr entspannt, trotz der fünften Welle. – Bei unserem Gespräch am ersten Abend hustete unser Project Coordinator so heftig, dass wir ihn baten, sich selbst zu testen – ausreichend Tests hatten wir mitgebracht. Er verwies darauf, dass man in eSwatini nicht an Tests glaube. („We don`t believe in testing, we believe in vaccinating.“) Sein Test – der allererste bei ihm überhaupt! – war zu unserer Freude negativ. – Bei einem Meeting mit neun einheimischen Mitarbeiter:innen in einem sehr kleinen Raum in unserem Büro in Nhlangano bestanden wir dann allerdings wieder auf einem Test – aber noch niemand von ihnen war jemals getestet worden, Selbsttests gibt es nicht, ich musste es Schritt vor Schritt vormachen. Ihnen erschien unser Ansinnen als fast schon unzumutbar, auch der Hinweis darauf, dass in Deutschland eine Zeit lang jedes Schulkind täglich getestet worden wäre, konnte sie nicht besänftigen. Als sich dann allerdings eine Krankenschwester positiv testete, waren sie alle vollkommen erschrocken, geradezu erstarrt, der Project Coordinator wollte uns alle sofort isolieren und den Raum von einem extra angeforderten Desinfektionsteam desinfizieren lassen. („Fumigating.“) – Das Beispiel zeigt: Die offiziellen Inzidenz-Zahlen für eSwatini – und vermutlich für viele andere afrikanische Länder! – sind nicht sehr aussagekräftig, wenn dort nicht getestet wird!
Einkommen schaffende Maßnahmen
An 67 unserer 104 Litsemba-NCPs existieren sog. Einkommen schaffende Maßnahmen – eine Art von Frauen-Kooperativen, die gemeinsam ein kleines wirtschaftliches Projekt betreiben, für das sie sich selbst entschieden haben: Nähen, Legehennenzucht, Brathähnchenzucht, Schweinezucht, Gartenbau, Produktion von Hautcreme… Die Rotarier in der Hauptstadt Mbabane haben die Materialien finanziert, LITSEMBA stellt die Logistik und einen Mitarbeiter, der die Frauen in den verschiedensten Fragen berät. (Darum existieren auch nach fünf Jahren noch 67 dieser Kooperativen – eine sehr hohe Erfolgsquote!) Bei diesem Aufenthalt haben wir ein Nähprojekt und ein Schweinezucht-Projekt angesehen. Von der von den Frauen genähten Kleidung war ich sehr beeindruckt und die „altmodische“ Schweinehaltung ist auf jeden Fall humaner als bei uns die Massentierhaltung! Am wichtigsten aber ist: Die Frauen verdienen ihr eigenes Geld und ihr Status in den Communities ist dadurch enorm gestiegen!
Die Straßen
Seit unserem ersten Aufenthalt in eSwatini vor über zwölf Jahren sind die Straßen immer wieder unser größtes Problem. Asphaltiert sind die Durchgangsstraßen von Südafrika nach Südafrika und von Südafrika nach Mosambik, dazu einige (wenige) in den größeren Städten. Früher konnte man auf diesen Straßen fahren wie bei uns – auch in Deutschland gibt es ja Schlaglöcher. Aber das Wort „Potholes“ bezeichnet in eSwatini leider etwas anderes… Auch auf den Asphaltstraßen, auf denen man mindestens 60, z.T. 100 km/h fahren darf, sind die Schlaglöcher, dicht an dicht, inzwischen häufig so tief, dass die Autos versuchen, ihnen auszuweichen, indem sie auf der Gegenfahrbahn fahren. Trotz Linksverkehr muss man immer wieder auf die rechte Spur, die Unfallgefahr ist groß. Kann man die Spur nicht wechseln, weil es Gegenverkehr gibt, setzt man u.U. mit dem Auto eben auf, selbst mit einem Geländewagen. – Viel, viel schlimmer ist aber inzwischen der Zustand aller anderen Straßen. Sowieso gibt es keine Wegweiser oder Ortsschilder. Man fährt nach GPS-Koordinaten. (Die unser Navi – s.o.! – leider nicht anbieten konnte!) Auch große Straßen sind in eSwatini sogenannte „dust roads“ oder „dirt roads“, und da sie nie ausgebessert werden (eigentlich Aufgabe des Staates, der braucht die Mittel aber für anderes…) , wird ihr Zustand nach jedem Regenguss über die Jahre hinweg immer katastrophaler, und aus den Schlaglöchern, die sich irgendwann zusammenfügen, werden so tiefe Rinnen, dass wir bei diesem Aufenthalt mehrfach in Sorge waren, mit dem Geländewagen seitlich umzukippen, da die rechten und linken Räder einen gigantischen Höhenunterschied aufwiesen. (Grässliches Gefühl!) Auf den Wegen zu den NCPs (Kinderbetreuungshäusern) darum (ich habe extra ständig geguckt!) auf diesen Straßen absolute, selten mögliche Höchstgeschwindigkeiten von 12 km/h, meist weniger, ständig auch Reifenpannen durch die riesigen spitzen Steine/Felsbrocken, die durch die Straßendecke ragen. Und diese Straßen müssen unsere Mitarbeiter:innen täglich bewältigen! Und wieviel Zeit, die sie für ihre eigentliche Arbeit brauchen würden, geht so verloren! – Schon seit Jahren sind viele NCPs bei und nach Regen überhaupt nicht zu erreichen, bald werden es die allermeisten sein. Und manche werden auch bald bei trockenem Wetter nicht mehr mit Fahrzeugen zu erreichen sein: Also keine medizinische Versorgung mehr, keine Nahrungsmittel-Lieferungen…. „What do you expect will be in five years time?“ habe ich gefragt. „In two years time even?“ Die Mitarbeiter:innen zucken resigniert die Achseln. Sie wissen seit Jahrzehnten, dass von Parlament und Regierung nichts zu erwarten ist. (Auch deshalb gibt es seit dem Juni 2021 heftige politische Unruhen mit bisher ca. hundert Toten, die von Militär und Polizei erschossen wurden.)
Das Wetter
Unsere diesjährige Reise fand im Mai statt – also gegen Ende des Herbstes auf der südlichen Halbkugel. Für eSwatini heißt das: Mittags kann es, vor allem, wenn die Sonne scheint, noch sehr warm werden, fast wie bei uns im Hochsommer. Sobald gegen 17.30 die Sonne untergeht, wird es auf einen Schlag kalt: Unter zehn Grad, z.T. bis zu 0 Grad. (Je nach Region.) Da es in den einfachen Unterkünften keine Heizung gibt, sind die Abende und Nächte eine Herausforderung! Aber das sind sie für die Einheimischen in ihren einfachen Häusern oder Hütten, oft nur mit Schlafmatten, jede Nacht. Selbst im Restaurant des Hotels in Mbabane, in dem wir für die Gespräche in der Hauptstadt abgestiegen sind, sitzen die Menschen beim Essen in dicken Winter-Boots und dicken Winterjacken.
Zudem gibt es rund ums Jahr heftige Gewitter mit Unwettern, viele Menschen kommen jedes Jahr durch Blitze ums Leben. ESwatini ist das Land der Blitzeinschläge, da es in den Bergen Eisenerz gibt.
Bei diesem Aufenthalt haben wir nur nächtliche Gewitter erlebt; auf einer früheren Reise mussten wir bei einem Wahnsinnsgewitter unsere Fahrt am einzigen Supermarkt zwischen der Hauptstadt und Nhlangano abbrechen und im Supermarkt Schutz suchen – wo dann unter dem Regen das Wellblechdach zusammenbrach und Bäche durch die Gänge strömten, während das Personal die Waren auf den Regalen zu retten versuchte… (Was so ein Unwetter für den Zustand der dust roads bedeutet, kann sich jeder ausmalen.)
Zudem ist eSwatini das Land des Nebels. Nebel wie regelmäßig in den Bergen von eSwatini haben wir nie irgendwo sonst erlebt. Er ist oft so dicht, dass man beim Autofahren die eigene Kühlerhaube nicht sehen kann. Dann muss man als Beifahrer:in bei Fahrten im Schritt-Tempo die Tür öffnen und auf den Boden sehen, um wenigstens ansatzweise Richtungsanweisungen zu geben. Davor haben wir bei jedem Aufenthalt Angst.
Aber eSwatini ist auch das Land der wunderbarsten Frühlingswochen, in denen die Blütenpracht kaum zu ertragen ist. Darum ist es gut, dass wir in der Regel knapp zweimal im Jahr und zu unterschiedlichen Jahreszeiten im Land sind!
Family Homes
Auch bei diesem Aufenthalt haben wir wieder eine Baustelle besichtigt, wo Community Members ein Haus für eine Waisenfamilie bauen. Seit mehreren Jahren gibt es bei LITSEMBA dieses Projekt, bei dem der Verein „Hunde helfen Kindern“ das Geld dafür sammelt, um Häuser für Waisenfamilien zu bauen, deren Hütten in einem unsäglichen Zustand sind. Die Communities melden diese Familien an LITSEMBA, LITSEMBA überprüft, wer so ein Family Home bekommen soll und organisiert dann die gesamte Logistik für den Bau: Gespräche mit dem Chief, der den Bauplatz zur Verfügung stellt (eSwatini hat eine Art Feudalsystem), Anschaffung der Materialien, Transport zum Bauplatz, einen professionellen Builder; die Community stellt die ehrenamtlichen Arbeitskräfte. Diesmal ging es um eine Familie von drei Jungen, der älteste gerade 14 Jahre alt. Die Mutter war tot, der Vater in Südafrika. Und ihre jetzige Hütte war wirklich in einem unbeschreiblichen Zustand. Das neue Family Home (Gasbeton, Wellblechdach) war schon so weit gediehen, dass es, nach Aussagen des Builders, in zwei Wochen fertig sein wird. Wir bewundern immer wieder den Einsatz der Mitglieder der Community!
Bau von NCPs (Kinderbetreuungshäusern)
Immer wieder wird LITSEMBA von anderen Organisationen gebeten, ihre NCPs zu übernehmen, weil sie selbst entweder die Arbeit oder die Finanzen nicht mehr stemmen können – jetzt gerade haben wir zugestimmt, drei NCPs der eigentlich sehr anspruchsvollen Organisation SHAMBA zu übernehmen (was wäre sonst aus den Kindern geworden?), so dass LITSEMBA jetzt 104 NCPs betreibt. Nicht alle NCPs haben auch ein Gebäude: An einigen wenigen betreuen und bekochen die Ehrenamtlichen die Kinder auch im Freien. An dem „NCP under construction“, den wir bei diesem Aufenthalt besucht haben, sind das 53 Kinder! Immer wieder sind wir beschämt vom Dank der Community Elders, die uns erwarten und die Bedeutung der NCPs (Betreuung, Nahrung, medizinische Versorgung) für die Community betonen.
Geburtsurkunden
Auch bei diesem Aufenthalt mussten wir wieder über Geburtsurkunden sprechen. Viele Kinder werden bei ihrer Geburt nicht registriert, weil das Geld fehlt (ca. 3 Euro) und haben deshalb keine Geburtsurkunde. Ohne die können sie aber nicht eingeschult werden. Daher bemüht sich unser LITSEMBA-Team darum, für sie noch vor der Einschulung Geburtsurkunden zu beschaffen. (Im April: acht Geburtsurkunden.) Das ist aber schwierig, da Belege für die Existenz des Kindes, für die Identität der Eltern, für Geburtsort und- datum vorgelegt werden müssen. Ich habe darum gefragt, was passiert, wenn das nicht möglich ist. (Wie leider immer mal wieder.) Unsere Bildungsverantwortliche Lizzy: „These children will never go to school.“ Was das für ihr Leben bedeutet, ist klar.
Nahrung
Die drängendste offene Frage bei unserem Aufenthalt im Mai in eSwatini: Wie können wir die Nahrungsmittelversorgung der 3000 LITSEMBA-Kinder sichern? Bisher kamen die Nahrungsmittel für unsere inzwischen 104 NCPs (mit Unterbrechungen) vom World Food Programme, dem Ernährungsprogramme der Vereinten Nationen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sieht sich das WFP dazu außerstande. Maismehl, Bohnen und Kochöl (die Basisversorgung) müssen nun zusätzlich zu allem anderen auch noch von Möwenweg-Stiftung und Thomas-Engel-Stiftung finanziert werden: Bei den derzeitigen Getreide- und Ölpreisen monatlich umgerechnet 12 000 €. Dabei müssen wir natürlich davon ausgehen, dass die Preise noch steigen werden – was zurzeit auf dem Markt ist, ist ja die Ernte des letzten Jahres; die Ernte dieses Jahres wird in der Ukraine aber massiv zurückgehen, die Ausfuhr ist zudem extrem schwierig, die Kosten werden steigen. Daher planen wir gemeinsam mit der Kindernothilfe ein nachhaltigeres Versorgungskonzept, bei dem die Communities selbst die Nahrungsmittel für die NCPs anbauen und von uns dafür Saatgut und Dünger bekommen. Beginnen soll das an 10 Pilot-NCPs. – Wir halten das für einen anspruchsvollen Plan – aber immerhin arbeiten die mehr als 500 Caregivers, die die Kinder betreuen, auch schon seit vielen Jahren ehrenamtlich, ebenso werden Family Homes und NCPs von der community ehrenamtlich gebaut. Diese Art der gegenseitigen Unterstützung gehört zur traditionellen Kultur in eSwatini. Also sind wir optimistisch!