Hamburg, im Dezember 2019
Liebe Freunde und Unterstützer der Möwenweg-Stiftung,
inzwischen ist es Tradition, dass wir uns zum Ende des Jahres noch einmal bei Ihnen melden, um Ihnen zu berichten, was sich im zurückliegenden Jahr bei unserem Projekt LITSEMBA in eSwatini (Swasiland) getan hat. Und das war wieder einiges!
Inzwischen beschäftigt LITSEMBA zwei weitere Krankenschwestern und zwei weitere HIV-Tester, die täglich wechselnd unsere knapp 100 NCPs (Kinderbetreuungshäuser) besuchen – der Bedarf ist einfach riesengroß, und das Gesundheitssystem des Landes steht vor dem Kollaps. Wir sind daher sehr glücklich, für die Menschen diese Möglichkeit direkt in ihrer jeweiligen Community und ohne die für viele nicht finanzierbare Anreise mit dem Bus schaffen zu können.
Auch zwei weitere qualifizierte Bildungsverantwortliche unterstützen jetzt die Betreuerinnen an den NCPs und schulen sie vor Ort in der Vorbereitung und Durchführung von Vorschulunterricht und der Arbeit mit Lernmaterialien – die ehrenamtlichen Caregivers arbeiten ja als Erzieherinnen und Lehrerinnen, viele von ihnen haben aber selbst nicht einmal die Grundschule abgeschlossen. Es ist erstaunlich, was sie trotzdem leisten, wie wir immer wieder von den Grundschulen hören, die die LITSEMBA-Kinder besuchen.
Finanziert werden diese beiden neuen Stellen über die hoch angesehene deutsche „Kindernothilfe“: Zwei Jahre lang hat sie Beobachter geschickt, die die Arbeit an den NCPs
beobachtet haben, schließlich auch noch einen Buchprüfer in unser Hauptstadtbüro Mbabane zur Kontrolle der Buchhaltung. Dass das Ergebnis die Unterstützung durch zwei weitere Stellen ist, empfinden wir auch als weiteren Beweis für die Qualität und Seriosität der Arbeit von LITSEMBA. Wir freuen uns deshalb sehr darüber!
Unsere bisherige Bildungsverantwortliche Lizzy Dlamini leitet diese Frauen an, damit bieten jetzt alle unsere NCPs qualifizierte Vorschulbildung. Im September und Oktober hat sie auch an einem Kurs zur Relevanz des Lesens und zu Methoden der Leseförderung teilgenommen, und schreibt dazu:
„Reading can be implemented in NCPS by starting a library book. Caregivers can be trained on the importance of reading and encouraged to read stories to children, even start with their mother tongue, later English. Reading clubs can be also be implemented with young children.”
Die Bücherei der Regionalhauptstadt Nhlangano hat ihr zudem Unterstützung bei der Beschaffung von Büchern für den Aufbau von Leseclubs zugesagt. Wir sind also sehr optimistisch, dass auch unser Projekt „Bookcrazy“ sich weiter entwickeln wird – bei unserem nächsten Aufenthalt in eSwatini im Februar werden Gespräche hierzu mit den verschiedenen Akteuren eine wichtige Rolle spielen. Jedes Kind bekam zum Übertritt in die Schule wieder unsere beiden Bilderbücher auf siSwati (Foto oben, Nkwayela NCP), insgesamt 1500 Bücher, und natürlich gab es auch wieder warme Winterkleidung für die Kinder.
Ein unglaubliches Erfolgsmodell war auch die Schaffung sogenannter „Einkommen schaffender Maßnahmen“ für die Caregivers, für dessen Material LITSEMBA Mittel von den Rotariern über ein Global Grant bekommen hat, während wir das notwendigen Personal für die Qualifizierung der Caregivers in den verschiedenen Tätigkeiten und die notwendigen Fahrzeuge für den Transport dieser Materialien gestellt habe
Sämtliche mehr als 500 Caregivers an den NCPs verdienen nun (zumeist zum ersten Mal in ihrem Leben) selbst erwirtschaftetes Geld: aus der Legehennen- und Brathähnchenzucht, der Schweinezucht, dem Anbau von Erdnüssen, einem Nähprojekt für Schuluniformen.
Unser Mitarbeiter, der die Caregivers geschult hat (unter anderem auch auf dem Gebiet der Buchhaltung!), schreibt dazu:
“Restoration of dignity for rural women in a patriarchal society due to them earning income through income generating project. * Caregivers from various NCPs have a consistent supply of food and / or income to meet family needs because of their income generating projects.”
Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig LITSEMBA für die Menschen in der Region ist und wie sehr es dort tatsächlich das gesamte Leben verändern und verbessern kann – weit über die Betreuung der Kinder und die medizinische Versorgung hinaus. Regelmäßig gehen von anderen Communities inzwischen Anfragen zum Bau weiterer NCPs ein.
Aber es gibt auch beunruhigende Nachrichten, die Sie vielleicht schon aus den Medien kennen: Wieder gibt es eine große Dürre im südlichen Afrika. In eSwatini sind selbst größere Flüsse ausgetrocknet, die Menschen graben im Boden nach Wasser (das sie dann, mangels Brennmaterial, nicht einmal abkochen können). Nachdem wir schon einmal Hungerjahre erlebt haben und immense Mittel für die Beschaffung von Nahrungsmitteln brauchten, sind wir sehr in Sorge, was auf uns zukommt. Zudem fürchten wir, dass wie damals viele Kinder an Durchfallerkrankungen durch verschmutztes Wasser sterben könnten. Das Thema Wasser steht daher ganz oben auf unserer Agenda. Wenn es gelänge, Brunnen zu bauen, gäbe es nicht nur sauberes Wasser zum Trinken und kochen – es könnten auch, wie in früheren Jahren, sogenannte Backyard Gardens angelegt werden, um Gemüse für die Vitaminversorgung der Kinder anzubauen; zurzeit bekommen die LITSEMBA-NCPs zwar Maismehl und rote Bohnen vom World Food Programme, dem Nothilfeprogramm der Vereinten Nationen; es fehlen aber notwendige Vitamine und Mineralien. Ein Viertel der Kinder des Landes ist daher „stunted“, d.h. viel zu klein, und was am Schlimmsten ist: Die Hirnentwicklung ist bei mangelnder Versorgung mit Vitaminen und Mineralien massiv beeinträchtigt. Brunnen für die NCPs wäre also aus vielerlei Gründen enorm wichtig.
Im Februar werden wir uns wieder in eSwatini aufhalten. Schon jetzt gehen regelmäßig Mails hin und her, um den Aufenthalt und die Gespräche mit den verschiedensten Instanzen im Land zu planen. Wir hoffen sehr, dass wir danach wieder einen Schritt weiter kommen – und werden Ihnen zeitnah berichten.
Und noch einmal der Hinweis: Sollten Sie sich einmal, vielleicht auf einer Südafrikareise, in der Region aufhalten, sind Sie herzlich eingeladen, unsere NCPs zu besuchen, vielleicht indem sie eins unserer medizinischen Teams oder eine Bildungsverantwortliche begleiten oder sich einfach die GPS-Daten von uns geben lassen. (Wegweiser gibt es nicht und leider können wir kein Fahrzeug zur Verfügung stellen – unsere Fahrzeuge sind ohnehin knapp, viele MitarbeiterInnen teilen sich jeweils eins, und die Planung ist logistisch hoch kompliziert.)
Zum Schluss möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei Ihnen für Ihre großartige Unterstützung bedanken. Ohne Sie gäbe es dieses Projekt nicht. Daher sind wir Ihnen unendlich dankbar und hoffen, Sie bleiben auch weiterhin an unserer Seite!