Die Winterkleidung für die NCPs ist da!

Wie in den vergangenen Jahren haben wir auch in diesem Jahr wieder beschlossen, ca. 400 Kinder mit Winterkleidung auszustatten – in jedem Jahr an anderen NCPs, dann kann die Kleidung weitergegeben werden,  sobald sie zu klein geworden ist. Bei unserem Aufenthalt im April und Mai habeen wir einmal mehr erlebt, wie kühl die Tage und wie kalt die Nächte nach Sonnenuntergang im Herbst sein können (dunkel war es zu der Zeit schon gegen 17.30) – und der eigentliche Winter hat ja jetzt erst begonnen! (Siehe auch Reisebericht unten.) Noch während des Aufenthalts habe ich mit der in unserem Büro in Mbabane Zuständigen Welile Simelane in verschiedenen Läden Kinderkleidung und Wolldecken für die ehrenamtlichen Betreuerinnen angesehen; nötig war das nicht, weil Welile all das seit Jahren perfekt regelt. Gerade hat sie mir den Bericht über die Verteilung in diesem Jahr geschickt. Traurig nur, dass die Kinder nun zwar warme Jacken und Hosen haben – aber manche von ihnen noch immer keine Schuhe… Vielleicht schaffen wir das auch noch irgendwann!

Eine-Welt-Gottesdients für Swasiland erbringt große Spende

Wir freuen uns sehr, dass die Segenskirche Barsbüttel am 5.6. ihren Eine-Welt-Gottesdienst zugunsten unseres Swasiland-Projekts durchgeführt hat – und dass so viele Menschen dabei waren! Im Anschluss gab es vor der Kirche an Stehtischen und auf Bierbänken lebhafte Gespräche, die Pfadfinder hatten Suppe gekocht – und insgesamt sind über sechshundert Euro für die Möwenweg-Stiftung zusammengekommen! Wir bedanken uns beim engagierten Vorbereitungsteam, bei Pastor Steinbrink und bei allen, die mitgeholfen  haben, dieses tolle Ergebnis zustande zu bringen!

Bericht von unserem Aufenthalt in Swasiland April/Mai 2016

 Reisebereicht Swasiland Mai 2016

Im April und Mai 2016 waren wir (Kirsten Boie und Gerhard Grotz) in Swasiland für unser Hilfsprojekt LISTEMBA Swasiland unterwegs – wieder also, wie schon im vergangenen Jahr, im Spätherbst auf der Südhalbkugel.

Herbst – das Winterprogramm

Tatsächlich ähnelte das Wetter während der gesamten Zeit wieder dem, was wir in Deutschland vom November kennen, so dass wir jetzt endgültig wissen: So ist der Herbst in Swasiland regelmäßig – grau, niedrige Temperaturen (an einem besonders kalten Tag zeigte des Autothermometer im Bergland nur 5°) und z.T. auch Regen. Ein Regen übrigens, den das Land in den Monaten davor dringend gebraucht hätte, der jetzt aber für die Landwirtschaft zu spät kam. – Uns hat diese Kälte-Erfahrung darin bestärkt, wie schon in den vergangenen beiden Jahren wieder Winterkleidung für ca. 400 Kinder an der Neighbourhood Carepoints anzuschaffen. Vor allem in den Hütten ohne Heizung muss es in diesen Monaten auf den Schlafmatten aus Stroh nachts unvorstellbar kalt sein. Welile Simelane, in unserem Büro in Mbabane für den Bildungsbereich zuständig, ist gerade dabei, im Land Kostenvoranschläge einzuholen.

Die Dürre – Probleme bei der Ernährung der Kinder

Schon auf der Fahrt vom Flughafen Johannesburg nach Swasiland waren wir erschrocken über die verdorrten Maisfelder überall – die letzte Ernte ist aufgrund der Dürre der letzten beiden Jahre fast vollständig ausgefallen, auch zigtausende Rinder sind verhungert und verdurstet. Die Rinder (sehr viel weniger als sonst!), die wir in diesem Jahr auf den Feldern gesehen haben, waren vollkommen abgemagert. – Ergebnis mehrerer Gespräche mit unserem Managing Director Tihlobetakhe Zulu: Er geht davon aus, dass die Versorgungssituation an den NCPs (Neigbourhood Carepoints)  im Verlauf des Jahres zunehmend dramatischer werden wird.  Das zeigte sich schon auf unserer Reise: Nur an einem der von uns besuchten NCPs gab es noch zwei Säcke Maismehl, an allen anderen erklärten die Ehrenamtlichen, sie brächten Essen und Wasser für die Kinder von Zuhause mit und hielten auch die Kinder dazu an, mitzubringen und zu teilen, was sie hätten. Aber wie lange kann das gut gehen? Zwei Tage vor unserer Abreise haben wir erfahren, dass das World Food Program (das Nothilfeprogramm der Vereinten Nationen) unsere NCPs mit Maismehl für einen weiteren Monat versorgen wird. Aber danach? Im gesamten südlichen und südöstlichen Afrika ist die Situation ja ähnlich. Es kann gar nicht genug Maismehl für alle geben. Wir gehen davon aus, dass wir spätestens gegen Ende des Jahres werden einspringen müssen – bei über 5000 Kindern keine Kleinigkeit, für die die Mittel in unserem Budget vorsorglich bereitgehalten werden müssen.

Das Wassertankprojekt

Nachdem wir bei unserem Aufenthalt im August 2014 schon einmal mit den Folgen der Dürre im Land konfrontiert worden waren, war es uns gelungen, über das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit für jeden unserer einhundert NCPs einen 5000-Liter-Wassertank finanziert zu bekommen (drei Viertel trug das Ministerium, ein Viertel mit Unterstützung vieler Spender wir), d.h. einhundert Tanks, die 2015 installiert wurden und bei den unregelmäßig im Herbst auftretenden Starkregen jetzt zumindest einen Grundbestand an Wasser für die NCPs (Hygiene, Kochen, Bewässerung der kleinen Gemüsegärten) bereithalten. Auf dieser Reise konnten wir uns nun von der fachgerechten Installation der Tanks an verschiedenen NCPs überzeugen – und gegen Ende des Aufenthalts gab es sogar so viel Regen, dass wir hoffen, sie sind auch zumindest zum Teil bereits gefüllt!

Mathunsini mit Tanks

Das Thema Bildung – Fortbildung der Ehrenamtlichen

Schon im vergangenen Jahr war es uns durch eine große Spende möglich, für zweihundert der 700 Frauen, die täglich ehrenamtlich die Kinder an den NCPs betreuen, eine Fortbildung zu frühpädagogischen Themen durch drei Referentinnen des Bildungsministeriums Swasiland anzubieten: damals für eine ganze Woche, in diesem Jahr nun als Refresher Course für zwei Tage. Dazu wurden die Frauen aus der gesamten Projektregion in ihren Dörfern per Sammeltaxi abgeholt und zum Farmers` Training Center in Nhlangano gebracht, wo sie auch übernachtet haben und verpflegt wurden – für diese Frauen ist das natürlich auch eine Belohnung für ihr großes tägliches Engagement, die sie motiviert, sich weiter einzusetzen. Am Wichtigsten ist für sie wahrscheinlich – das soll jetzt kein Zynismus sein! -, dass sie während dieser Tage regelmäßig verpflegt werden und es sogar Teepausen gibt. Wir haben aber auch beobachtet, wie einige Frauen während des Unterrichts fast non-stop alles mitgeschrieben haben, was die Referentinnen sehr dicht gepackt an Wissen über frühkindliche Entwicklung, vor allem psychische und Sprachentwicklung, und den daraus resultierenden Umgang mit den Kindern referiert haben. Es wurden Lieder, Reime und Kreisspiele vermittelt – außerdem ging es um die Arbeit mit Materialien wie Puzzle, etc., ein Thema, das leider sehr abstrakt bleiben musste, weil es all diese Materialen an den NCPs (Mangel an Mitteln!) nicht gibt. Im Rahmen dieser Fortbildung bekamen die Frauen allerdings Buntstifte und Papier für ihre NCPs. Aber wie lange wird das reichen? Wir wollen versuchen, in den nächsten Monaten einen Grundbestand an Bildungsspielzeug zu beschaffen; auch hierzu ist unser Managing Director Mr. Zulu inzwischen bereits in Kontakt mit verschiedenen Stellen, (auch Tischlern, z.B.!), um Kostenvoranschläge zu erhalten.

Fortbildung Caregivers Kreisspiel

BOOKCRAZY

Im Vorfeld unserer Reise hatten wir von der Internet-Seite African Storybook zwei Bilderbuchanthologien auf siSwati zusammengestellt und in Südafrika in ausreichender Zahl drucken lassen, damit an jedem NCP in der Muttersprache der Kinder vorgelesen werden kann – es gibt im ganzen Land nämlich bisher kein einziges Kinder- oder Bilderbuch in der Sprache der Kinder. Auch für die Ehrenamtlichen, die ja selbst keinerlei Erfahrung mit Büchern haben und vor allem auch in ihrer Kindheit nicht mit Bilderbüchern in Kontakt gekommen sind, war das vollkommenes Neuland. Daher hat eine der Referentinnen des Bildungsminsteriums von Swasiland mit ihnen am Beispiel eines der Bilderbücher in der Anthologie durchgespielt, wie man mit Kindern Bilderbücher anguckt, mit den anwesenden Ehrenamtlichen in der Rolle der Kinder. Wir hoffen nun, dass die Bücher an den NCPs auch rege genutzt werden! Und sollten wir die Mittel dafür aufbringen können, wollen wir versuchen, jedem Kind zur Einschulung eins dieser Bücher zu schenken. Für diese Kinder, die kein Spielzeug besitzen, in deren Hütten es keinen Strom (und also auch kein Fernsehen, keinen PC…) und kein Wasser gibt, könnte so ein kleines Buch einen bedeutsamen, großen Schatz bedeuten, sie früh zum Lesen animieren und ihrem Bildungsweg einen wirklichen Anstoß geben.

Fortbilding Caregivers

 

Das medizinische Projekt – MobiDiK

Da der Schwerpunkt unserer Reise in diesem Jahr auf der Verbesserung der vorschulischen Bildung für die Kinder an den NCPs lag, (weil sie in Swasiland z.B. schon in der ersten Klasse in sämtlichen Fächern Unterricht auf Englisch erhalten, einer Sprache, der sie vorher in der Familie nicht begegnet sind), haben wir unser medizinisches Team nur an einen NCP begleitet. Obwohl wir in den vergangenen Jahren immer beim Besuch von MobiDiK an mehreren NCPs dabei waren, waren wir in diesem Jahr überwältigt von der unglaublichen Zahl der Menschen, die sich im Innenraum und vor dem Gebäude drängten: Deutlich über hundert Kinder und sicher noch einmal annährend so viele Erwachsene. Die Krankenschwestern waren also gut ausgelastet. Gleich zu Beginn hat wieder die HIV-Testerin ihren Vortrag darüber gehalten, warum sich jeder Mensch testen lassen sollte und dass auch positiv mit Medikamenten das Leben weitergehen könnte wie vorher – während es ungetestet schnell zu Ende sein könnte. Wir waren froh zu sehen, dass sich wieder viele Menschen in einer Warteschlange auf die Kinderstühle neben der Tür zum Lagerraum gesetzt haben, in dem die Testungen hinter verschlossener Tür stattfinden. Dieses Projekt hat in den vergangenen Jahren ganz sicher schon unglaublich viel bewirken können. Etwa zehn Prozent der Getesteten sind im Schnitt positiv und können von da an vorsichtig sein und mit Medikamenten versorgt werden. – Parallel wurden beim MobiDiK-Besuch Kinder geimpft, gewogen, gemessen, bekamen Vitamintabletten; Erwachsene kamen mit ihren Beschwerden, es wurde Blutdruck gemessen, es ging um Diabetes (zusammen mit Bluthochdruck erstaunlicherweise ein großes Problem bei älteren Menschen in Swasiland; und auch weil sie es sind, die sich um die verwaisten Kinder kümmern, liegen sie uns ganz besonders am Herzen.) Immer wieder – auch bei der Fortbildung, z.B. – äußerten die Ehrenamtlichen den Wunsch, dass das MobiDiK-Team häufiger an die NCPs kommen sollte: Natürlich schon wieder eine Budgetfrage.

MobiDiK kommt

Patenschaften

An zwei Neighbourhood Carepoints konnten wir in diesem Jahr wieder Patenschafts-Urkunden übergeben und aufhängen – für die Kinder und ihre Betreuerinnen immer eine wichtige Zeremonie, weil sie wissen: Über dieses Geld können wir nun, unabhängig davon, was das Projekt sonst für uns und alle NCPs gleichermaßen leistet, ganz allein entscheiden. Beide NCPs waren noch nicht entschieden, was angeschafft werden sollte. – Im vergangenen Jahr wollten mehrere NCPs sich für das Patenschafts-Geld eine Stromleitung legen lassen; dieses Projekt ist ins Stocken geraten, weil die Regierung von Swasiland die versprochenen Leitungen ins Hinterland noch nicht verlegt hat. Während wir hier mit unserem Optimismus aufgrund vieler vorausgegangener Erfahrungen eher vorsichtig sind, scheinen die Menschen im Land aber tatsächlich zu glauben, dass es bald passieren wird. Wir hoffen also für sie.

Einkommen schaffende Maßnahmen

Für die Ehrenamtlichen an den NCPs bedeutet es viel, wenn ihnen die Möglichkeit vermittelt wird, selbst Geld zu verdienen: Dazu sind in den vergangenen Jahren an den NCPs durch die Unterstützung vieler verschiedener Spender ganz unterschiedliche sog. income generating measures installiert worden: Es gibt durch die Anschaffung von Nähmaschinen ein Nähprojekt (genäht werden z.B. Schuluniformen), Hühnerzucht, Milchproduktion, Herstellung von Salben, traditionellen Flechtarbeiten, etc. Im Gespräch mit einem Vertreter des Rotary Club Mbabane haben wir erfahren, dass durch die Unterstützung verschiedener europäischer Rotary Clubs und von Rotary International demnächst vermutlich an weiteren achtzig (!) NCPs Projekte aufgebaut werden können – die dann für die Frauen dort ein Maß an finanzieller Unabhängigkeit schaffen. Ohne diese Unterstützung würde ihnen das Startkapital und oft auch die Qualifikation für die Herstellung und Vermarktung ihrer Produkte, die Buchführung, usw. fehlen. Wir freuen darum uns sehr!

Family Homes

Durch die große Spende eines deutschen Spenders explizit für diesen Zweck war es im vergangenen Jahr wieder möglich, für sechs Waisenfamilien kleine, feste Einraumhäuser aus Stein mit Wellblechdach zu bauen. Drei dieser Familien haben wir besucht, und es sind immer diese Begegnungen an Orten in den Bergen, die man mit dem Auto oft nicht erreichen kann, die mich am meisten erschüttern. Denn an den NCPs begegnen wir den Kindern ja nicht in ihrem täglichen Elend, sondern versorgt und betreut – wenn auch auf einem für uns unvorstellbar niedrigen Niveau. Aber in den sogenannten Homesteads erleben wir dann, wie unbeschreiblich arm das Leben der Menschen tatsächlich ist. Wir haben eine Großmutter besucht, die ganz allein von einer Altersrente von ca. 12 Euro im Monat ihre sechs verwaisten Enkel großzieht und die uns vom Hunger der Kinder erzählt hat. Einer der Novemberstürme des letzten Jahres hatte ihre traditionell gebaute Hütte einfach weggerissen, die neue war nun endlich im Bau. – Eine einbeinige Großmutter lebte mit ihrer ca. sechzehnjährigen verwaisten Enkeltochter und deren zehn Monate altem Baby zusammen – die Hütte war bereits fertig gestellt, im Bergland leider mit Stufen zur Eingangstür, die mit Krücken für die alte Frau nur schwer zu bewältigen waren. – Die letzte, ebenfalls schon fertig gestellte Hütte gehörte einem Großelternpaar, das ebenfalls sechs Enkel aufzieht: Der Großvater ist durch Diabetes erblindet und kann zudem nicht mehr gehen, neben den Kindern hat die Großmutter nun auch ihn noch zu versorgen. Allen drei Familien haben wir auch Lebensmittel, grüne Seife, Kerzen und Streichhölzer für einen Monat vorbeigebracht. – Manchmal ist das Elend schwer mitanzusehen und zu ertragen. Wir hoffen darum, auch mit diesem Projekt weitermachen zu können – es liegen schon wieder Anfragen von drei Waisenfamilien vor.

Gogo mit sechs Waisen

Veränderungen an den Neighbourhood Carepoints

Ursprünglich waren die Neighbourhood Carepoints entstanden, um ausschließlich Kinder zu betreuen, die durch Aids ihre Eltern verloren hatten. Während die Neuinfektionsrate in Swasiland vor allem unter jungen Menschen kaum sinkt, bleiben Positive inzwischen aber, auch durch die an den NCPs vorgenommenen Testungen  und die darauf folgende Medikation, länger am Leben, nicht mehr so viele Kinder wie früher verlieren ihre Eltern schon im Kleinkindalter. Schon bei den Besuchen der letzten Jahre hatten wir bemerkt, dass immer mehr Kinder an die NCPs kamen, die zwar nicht ihre Eltern verloren hatten, deren Mütter sie aber schickten, damit sie wenigstens eine Mahlzeit am Tag bekommen sollten – Arbeitslosigkeit und Hunger sind in der Region Shiselweni gigantisch. Sollten diese Kinder, die zu Hause hätten hungern müssen, weggeschickt werden? Sie durften bleiben. Es heißt daher jetzt auch, die Neighbourhood Carepoints versorgen OVC, orphans and vulnerable children, wobei „vulnerable“ in seiner strengen offiziellen Definition eigentlich bedeutet, dass im vergangenen Jahr im Haushalt des Kindes mindestens ein Mensch – und dann meistens ein Elternteil – gestorben sein muss. Aber auch Armut und Hunger genügten in den letzten Jahren als Aufnahmekriterium. – Inzwischen gibt es aber einen weiteren Grund, warum kleine Kinder an die NCPs kommen: Der Schulunterricht beginnt in Swasiland schon in der ersten Klasse auf Englisch. In der Hauptstadtregion und in Familien, die sich das finanziell leisten können, besuchen die Kinder daher eine private Vorschule, in der sie vorbereitet werden, um überhaupt eine Chance zu haben. So etwas können sich die Menschen in unserem Projektgebiet nicht leisten, von Anfang an haben die Ehrenamtlichen daher versucht, einen ganz einfachen Vorschulunterricht anzubieten. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass Kinder, die von den LISTEMBA kamen, im ersten Schuljahr gut abschnitten. Nachdem die Ehrenamtlichen nun auch noch eine Fortbildung durch Referentinnen des Bildungsministeriums erhalten haben und die Kinder sogar Abschlusszertifikate bekommen, schicken immer mehr arme Familien, die sich keine Vorschule leisten können, ihre Kinder auch an die NCPs, um ihnen einen Einstieg in einen erfolgreicheren Bildungsweg zu ermöglichen. Sollen wir sie wegschicken, wenn wir doch fest davon überzeugt sind, dass Bildung für diese Kinder die einzige Chance ist? Auch sie dürfen bleiben. Und wir freuen uns einfach, dass sich dieses Projekt so entwickelt hat.

 

Bericht über den Aufenthalt in Swasiland 2015

Auf unserer Swasiland-Reise im April und Mai 2015 ging es, wie immer, um verschiedene Arbeitsbereiche. Ausgelassen haben wir diesmal das Thema medizinische Versorgung, da unsere medizinische Leiterin, Frau Dr. Budach, im Februar gerade in Swasiland gewesen war. Nur ein Besuch bei Ärzte ohne Grenzen in Nhlangano hat wie immer stattgefunden.

  1. Patenschaftsprojekt: Mehrere Schulen, Kitas und Privatpersonen in Deutschland haben inzwischen Patenschaften für NCPs (Neighbourhood Carepoints) übernommen und überweisen jeweils jährlich 300 €. Wir haben daher zunächst drei dieser NCPs besucht, um ihren Paten in Deutschland von ihnen berichten zu können. Die NCPs hatten sich von dem Patengeld Decken, eine Matratze für die Kinder und einen Putzeimer samt Wischmopp gewünscht. Die Kinder haben für uns gesungen, wir haben uns mit den Caregivers ausgetauscht und beim Abschied haben uns alle gebeten, wir möchten doch bitte bei der nächsten Reise wiederkommen. Vermutlich ist unser Besuch tatsächlich ein Highlight in ihrem sonst sehr einförmigen Alltag. Inzwischen haben wir übrigens erfahren, dass zwei NCPs von dem Geld, das sie von ihren Paten in Deutschland erhalten, eine Stromleitung legen wollen. Damit werden an den NCPs plötzlich ganz neue Möglichkeiten eröffnet!
  2. NCP-Bau: Im August 2014 hatten wir einen NCP besucht, der seit vielen Jahren im Freien arbeitet, „under trees“. Aus Spendengeldern konnten wir ihm nun den Bau eines Gebäudes finanzieren, das tatsächlich bei unserem Besuch im Mai im Rohbau schon fertig gestellt war. Da die Stürme in Swasiland inzwischen so heftig sind, dass häufig die Dächer der NCPs abgedeckt werden (das Land spürt den Klimawandel inzwischen enorm heftig!), ist dieses Gebäude ein bisschen anders konstruiert als die NCPs bisher.
  3. Der Zamani-NCP, dessen Bau wir im August 2014 beobachtet hatten, hat seine Einweihung gefeiert: Eine eindrucksvolle Feier vor dem neuen Gebäude, um das herum schon ein großer, sehr gepflegter Gemüsegarten und viele Blumenbeete angelegt worden waren. Es gab Reden des Chief, verschiedener Politiker und von Mr. Zulu, dem Managing Director des Projekts, es wurde gebetet und gesungen, und die Kinder haben etwas vorgeführt. Zum Abschluss gab es im NCP für alle eine Mahlzeit. Süßigkeiten wurden nur an die Erwachsenen verteilt. Gerade weil der NCP ja für die Kinder gebaut wurde, war das für uns doch eine etwas merkwürdige Erfahrung.
  4. Wir haben die zwei Hütten angesehen, deren Bau wir im August beschlossen hatten: Für zwei Waisenfamilien, einmal für die elfjährige Gcebile, die mit ihren beiden kleinen Cousins allein lebt und sie aufzieht, einmal für ein verwaistes Brüderpaar (13 und 16). Gcebiles Haus steht schon länger, vom Haus der beiden Jungen stehen erst die Grundmauern.
  5. Außerdem haben wir unser Arbeitsfeld erweitert und uns verstärkt auch um den Bereich Bildung / Lesen gekümmert. Schon im März gab es ja eine „Early Childhood Care and Developement“-Fortbildung für die Caregivers, praktisch so etwas wie eine einwöchige Einführung in die pädagogische Arbeit mit jüngeren Kindern. Die Caregivers sind ja alles Ehrenamtliche aus den Dörfern, die ohne Geld arbeiten, aber auch keinerlei Ausbildung haben.
  6. Zu dieser Fortbildung mit Unterstützung durch das Bildungsministerium Swasiland gehörte u.a. auch das Vorlesen oder Erzählen von Geschichten – wobei deutlich wurde, dass es in Swasiland nicht nur keine Kinderbücher gibt, sondern auch keine Tradition von Geschichten für Kinder. Wenn früher Geschichten für Erwachsene erzählt wurden, konnten die Kinder einfach mit zuhören. Was gibt es also auf diesem Gebiet für Kinder? – Es gibt in Swasiland 13 öffentliche Büchereien, zwei davon haben wir in Manzini und Nhlangano besucht. Die Regale sind halb leer, und es gibt überhaupt keine Bücher in der Landessprache siSwati. Auch die Bücher für Kinder, die sich dort finden, sind auf Englisch, das die Kinder natürlich nicht besser beherrschen als Kinder bei uns. Die Bücher werden nämlich nicht von der Bücherei angeschafft, sondern vom amerikanischen Hilfsprojekt „Books for Africa“ gespendet – es sind bereits gelesene Bücher, z.T. in einem desolaten Zustand. Nach Aussagen der Bibliothekare kommen Menschen aber ohnehin nur in die Bücherei, um zu lernen. Lesen zur Unterhaltung ist praktisch unbekannt. (Dabei muss man bedenken, dass es für die Menschen dort auch kein Fernsehen, Internet, Kino, etc. gibt. Lesen könnte also eine großartige Freizeitbeschäftigung sein, für die man keinen Strom braucht.) – Auch die Schulbibliothek, die wir angesehen haben, war praktisch leer. – Ich bin daher im Kontakt mit der südafrikanischen Leseförder-Organisation PRAESA, die in Südafrika Geschichten in den Sprachen der Kinder – u.a. auch siSwati – ins Netz stellt oder zum Lesen auf Handys (die weit verbreitet sind), so dass sie vor Ort heruntergeladen und vorgelesen werden können. Für viele Entwicklungsländer ist das Lesen auf mobilen Endgeräten plötzlich eine ganz neue Möglichkeit der Unterhaltung.
  7. Außerdem ging es um die Vorbereitung des Wasserprojektes: Im August 2014 hatten wir erlebt, dass viele Kinder an einer Durchfallerkrankung aufgrund der Trockenzeit gestorben waren: Die nahe gelegenen Bäche waren ausgetrocknet und das Wasser musste aus den (vollkommen verschmutzten) Flüssen geholt werden. Wir haben daraufhin Kontakt zum Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit aufgenommen und einen Antrag auf einen 5000–Liter-Wassertank für jeden unserer NCPs gestellt: Das sind dann also insgesamt 100 Wassertanks. Damit stünde Wasser zum Kochen, Hände waschen, Trinken zur Verfügung. Da wir 25% der Kosten selbst tragen mussten, waren wir unendlich dankbar dafür, dass viele Spender uns unterstützt haben! Wir hoffen, dass wir so die Sterberate durch Durchfallerkrankungen bei unseren 5 500 Kindern deutlich senken können. Außerdem können auch die kleinen Gemüsegärten bewässert werden, die viele NCPs anzulegen versuchen, damit es auch Vitamine für die Kinder gibt und nicht nur Maisbrei; und die sonst in der Trockenzeit nicht mehr zu bewässern sind. – Inzwischen werden die Wassertanks an den NCPs aufgestellt, und bei unserem nächsten Besuch werden wir sie ansehen können.
  8. Wie im Jahr 2014 auch haben wir uns um die Winterversorgung der Kinder gekümmert: Der Winter in Swasiland (ca. Mai bis August) ist vor allem in den Nächten sehr kalt (unter 10°, es kann auf den Bergen sogar Schnee geben), viele Kinder haben aber keinerlei warme Kleidung oder Decken für die Nacht auf den Matten in ihren Hütten. Jedes Jahr schaffen wir daher warme Jacken und Decken für ca. 400 Kinder an – bei zurzeit 5 500 Kindern ist das natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Film über eine von LISTEMBA Swasiland betreute Waisenfamilie

Hier ein Film der Kindernachrichtensendung logo! über eine typische von LISTEMBA Swasiland betreute Waisenfamilie:

Film auf der Website von www.tivi.de ansehen

(Dieser Film ist sichtbar bis zum 24.07.2016.)

Bericht über den Aufenthalt in Swasiland August 2014

von Gerhard Grotz

Nach unserem Besuch im Februar 2014 waren wir erneut im August in Swasiland, um uns über die Situation und die Entwicklung von LITSEMBA Medical Outreach zu informieren und die nötigen Schritte für die nächsten Monate zu beraten und einzuleiten (unser Team war dieses Mal: Dr. Magdalene Budach, Kirsten Boie und Gerhard Grotz).
Erneut waren unsere Eindrücke und Erfahrungen widersprüchlich und sehr aufwühlend und bewegend: einerseits unzählige Beispiele für die große Not und unvorstellbare Armut, die uns immer wieder begegnen, andererseits die ermutigenden Fälle von freiwilligem Engagement und großer Hilfsbereitschaft unter den „Dorfbewohnern“ sowie die Motivation und Kompetenz des LITSEMBA-Teams vor Ort. Berührend war die Dankbarkeit für die Spenden und Unterstützungsmaßnahmen, die uns immer gezeigt wurden – und bei uns die Besorgnis, ob wir in den nächsten Monaten so viele Spenden sammeln können, um auf den zahlreich vorhandenen „Baustellen“ helfen zu können.
Ein Lichtblick war, dass wir einen ausführlichen Erfahrungsaustausch mit der regionalen Koordinatorin von „Ärzte ohne Grenzen“ hatten, die den Einsatz und die Kompetenzen unseres LITSEMBA-Teams sehr lobte und als Zeichen der Anerkennung unserer Arbeit uns ab Oktober 2014 ein Krankenfahrzeug übergeben wird. In Absprache mit „Ärzte ohne Grenzen“ werden wir weiter an den von uns betreuten NCPs HIV-Testungen durchführen – übrigens konnten wir erfreut beobachten, dass immer mehr Frauen und vor allem Männer zu den Testungen erscheinen, obwohl  (wie wir an einigen Beispielen erfahren konnten) gerade in ländlichen Gebieten die Angst und die Scham, sich angesteckt zu haben, sehr groß ist.
Somit verfügen wir über zwei Fahrzeuge und können daher noch mehr NCPs medizinisch betreuen. Wir hoffen, dass ab 2015 ein drittes Krankenfahrzeug hinzukommen wird; über den Kauf sind wir mit Rotarier-Clubs im Gespräch und mit Vertretern des Rotary-Clubs Mbabane in Swasiland hatten wir deswegen zwei Besprechungen. Es wäre also in Zukunft möglich, fast alle NCPs regelmäßig(er) zu versorgen. Mehrfach haben wir unser LITSEMBA-Team im Einsatz gesehen und waren sehr beeindruckt, wie freundlich, kompetent, gut koordiniert und ruhig (trotz langer Schlangen und ziemlichem Lärm) sie die Patienten untersuchten, impften, mit Medikamenten versorgten und berieten. Dabei nehmen auch immer mehr ältere Menschen unser Angebot wahr, da die Wege zur nächsten Krankenstation oft zu lang und zu beschwerlich sind.
Nach jedem NCP-Besuch wird von unserem Team ein Report verfasst und am Monatsende ausgewertet und nach Deutschland geschickt – und diese Reports wurden im Laufe der letzten Monate immer umfangreicher, auch weil die Zahl der Patienten zugenommen hat. Zur Unterstützung unseres Teams werden wir Krankenliegen und verschiedene medizinische Hilfsmittel anschaffen. Zudem werden demnächst die meisten NCPs mit Erste-Hilfe-Sets ausgestattet und die dort ehrenamtlich arbeitenden Caregivers werden in einem Trainingskurs in allen Fragen der Ersten Hilfe ausgebildet.
Erfreulich war, dass wir 4 Patenschaften zwischen NCPs und deutschen Partnern (einem Kindergarten, einer Grundschule, einer 7. Gymnasialklasse, einer Buchhandlung) begründen konnten – die Freude darüber war bei der feierlichen Übergabe der Zertifikate bei den NCP-Kindern und ihren Betreuerinnen und Köchinnen sehr groß. Die deutschen Partner haben sich verpflichtet, mindestens drei Jahre lang mindestens 300,00€ jährlich für ihren Partner-NCP zu überweisen; von diesem Geld kann der NCP dann Anschaffungen tätigen, die über die normale Unterstützung hinausgehen. (Die Wünsche der NCPs bisher: Wolldecken, Löffel, Wischmopp, Eimer, Papier für die Kinder.) Wir sind optimistisch (und wünschen uns sehr!), dass in nächster Zukunft noch weitere Patenschaften vermittelt werden können.
Ein weiterer Lichtblick war der Besuch eines NCP im Bau. Tatkräftig und „fachmännisch“ mit Wasserwaage und Zollstock wurde an der Fertigstellung gearbeitet – von Männern, Frauen und Jugendlichen der Gemeinde unter Anleitung eines Maurermeisters. Zufälligerweise fuhren wir an den Folgetagen ungeplant mehrfach an diesem NCP vorbei und konnten feststellen, dass auch in diesen „unbeobachteten“ Situationen viele Personen mit dem Bau beschäftigt waren. Andererseits war dann bedrückend am folgenden Tag der Besuch bei einem noch nicht gebauten NCP (aufgrund fehlender Spenden), der seit langer Zeit „unter Bäumen“ stattfinden muss (nur eine Toilette konnte bisher gebaut werden). Trotzdem betreuen 5 Frauen ehrenamtlich die Kinder und kochen für sie jeden Tag (den Mais und das Gemüse bringen sie aus ihrem eigenen Haushalt mit). Die Hoffnungen sind groß, dass genügend Spenden zusammenkommen, damit endlich auch an dieser Stelle ein NCP gebaut werden kann.
Insgesamt ist die Nahrungssituation in Swasiland im Moment noch nicht schlecht, aber niemand weiß, wie sich die Situation ab Oktober entwickelt, weil dann die Unterstützung durch das World Food Program ausläuft, die Ernte dieses Jahr mager ausgefallen ist und die wirtschaftliche Situation (z.B. Inflation, Arbeitslosigkeit) sich rasant verschlechtert. In vielen NCPs sind zwar inzwischen kleine Gärten angelegt, die sorgfältig gepflegt werden, obwohl das Wasser seit vier Monaten in Flaschen und Kanistern aus den z.T. weit abgelegenen Flüssen herangeschafft werden muss; auch viele Hühner sind angeschafft worden, aber in Notsituationen ist dies nur der bekannte Tropfen auf den heißen Stein. Und die Wassernot ist gerade im Moment groß! Seit vier Monaten hat es keinmal geregnet. Alle hoffen seit langer Zeit auf Niederschlag, damit die Wassertanks der NCPs wieder mit Regenwasser gefüllt sind.
Und noch eine neue Erfahrung haben wir gemacht: von Juni bis August ist Winter – und nachts wird es richtig kalt (in den höher gelegenen Regionen bis zum Gefrierpunkt). Und eine Heizung gibt es natürlich in den Hütten und NCPs nicht. Wir haben daher schon im Juni in vielen NCPs im Rahmen einer „Winterhilfe“ Decken und warme Kleidungsstücke einkaufen und verteilen lassen – und konnten jetzt am eigenen Leibe spüren, dass diese auch im August noch dringend gebraucht werden. Diese Hilfe muss im nächsten Winter (wenn genügend Spenden fließen) fortgesetzt werden, weil wir natürlich nicht alle NCPs auf einen Schlag versorgen konnten.
Und dann noch das Traurigste: wir besuchten zwei Waisen-Familien in ihren völlig baufälligen Hütten – die eine Familie bestand aus einem 11-jährigen Mädchen (Haushaltsvorstand) und ihren 2 jüngeren Neffen, der Rest der Familie war verstorben; die zweite Familie umfasste 2 männliche Jugendliche, auch deren Angehörige waren tot, das Grab der Mutter drei Schritte vor dem Hütteneingang war noch ganz frisch. Man kann dieses Elend nicht beschreiben – wenigstens konnten wir in beiden Fällen größere Lebensmittelvorräte verschenken, aber auch dies hilft ja nicht wirklich weiter. Beide Waisenfamilien brauchen dringend eine neue Hütte. – Wir hoffen, dass wir in solchen Fällen auch in Zukunft schnell helfen können – so wie im Falle einer Witwe mit 2 Kindern, die wir am Ende unseres Aufenthalts besucht haben und deren Haus (für dessen Bau wir nach unserer letzten Reise das Geld zur Verfügung gestellt haben) jetzt kurz vor der Fertigstellung steht. Die Witwe konnte jetzt sogar damit beginnen, eine kleine Hühnerzucht aufzubauen.

Das Loch im Eimer flicken

Reisebericht von Kirsten Boie, August 2014

Für mich hat diese Reise einmal mehr und wieder sehr konkret die Bestätigung dafür gebracht, dass wir mit dem derzeitigen Konzept von LITSEMBA Medical Outreach Swasiland auf dem richtigen Weg sind – und warum.
Schon am zweiten Tag dieser Reise hatten wir eine traurige Begegnung: Wir haben mit dem medizinischen Team eine sehr junge Mutter dreier Kinder in ihrer Hütte besucht. Seit drei Jahren weiß sie, dass sie HIV positiv ist – aber vor ihrer Familie, vor allem vor ihrer Mutter, hatte sie das bisher verheimlicht. Auch in Swasiland bedeutet HIV noch ein großes Stigma. Die Frau hatte Fieber, starke Schmerzen, krümmte sich – aber eine genaue Diagnose konnte unsere Ärztin unter den eingeschränkten Bedingungen in der Hütte nicht stellen. Und dass es der Frau sehr, sehr schlecht ging, konnte jeder Laie erkennen. Hatte sie ihre Medikamente etwa nicht regelmäßig genommen? Wie hätte sie das wohl tun sollen, wenn niemand wissen durfte, dass sie infiziert war, und die Medikamente müssen einmal im Monat viele Kilometer weit entfernt abgeholt werden? Wie hätte sie diese ständigen Abwesenheiten erklären sollen?
Wir haben uns mit LITSEMBA Medical Outreach Swasiland in der Anfangsphase auf die medizinische Versorgung der von AIDS betroffenen Kinder an den NCPs konzentriert. Ausgangspunkt war: Zunächst müssen Ernährung und Betreuung der Kinder sichergestellt sein; danach aber muss sich auch irgendwer um ihre Gesundheit kümmern, zumal die Clinics (Krankenstationen ohne Ärzte, nur mit Krankenschwestern) oft so weit entfernt sind, dass die Kinder sie niemals erreichen könnten. Frau Dr. Budach, unsere ärztliche Leiterin, hat schon früh darauf gedrängt, dass es nicht nur um Versorgung von Wunden, um Erkältungen und Kinderkrankheiten gehen sollte: Wie in Deutschland sollte regelmäßig das Gewicht der Kinder kontrolliert werden, sollte Prävention im Vordergrund stehen: Die Kinder an unseren NCPs bekommen daher alle relevanten Impfungen, sie bekommen Vitamingaben und Entwurmungstabletten, und unser vorrangiges Ziel ist es, sie gar nicht erst krank werden zu lassen.
Aber mit den Kindern kamen auch die Erwachsenen zu den Sprechstunden in den NCPs, vor allem die Alten: Auch für sie sind die Wege zu den Clinics zu weit, auch sie haben Beschwerden: Und wenn schon ein Ambulanzteam vor Ort ist, warum sollte es sich nicht auch um sie kümmern? Das war der zweite Schritt: Mit dem Gesundheitsministerium wurde ein Abkommen unterzeichnet, das es unseren Krankenschwestern gestattet, nun auch die Erwachsenen zu behandeln. Der Ansturm ist gewaltig. Und es sind schließlich genau diese verbliebenen Erwachsenen, die sich um die Kinder kümmern müssen. Auch ihre Gesundheit ist uns wichtig.
Dann, vor etwa eineinhalb Jahren, kam der dritte Schritt. Durch die Beobachtungen an den NCPs, die Gespräche mit den Menschen, vor allem aber durch den regelmäßigen Austausch mit MSF („Ärzte ohne Grenzen“) in der Distrikt-Hauptstadt Nhlangano wurde immer deutlicher, dass alle medizinische Betreuung Flickwerk bleiben muss, solange wir uns nicht in dem uns möglichen Rahmen auch des drängendsten Problems in Swasiland annehmen: Der Bekämpfung von HIV. Und unsere Bedingungen sind dafür optimal. Wir haben die Menschen an den NCPs bereits versammelt, unser medizinisches Team besucht sie ohnehin regelmäßig und sie kommen in Scharen: Nirgendwo sonst ist es so leicht möglich, viele Menschen auf einmal auf HIV zu testen, vor allem MSF („Ärzte ohne Grenzen“) ermunterte uns darum immer wieder, uns hier zu engagieren – denn in die weit entlegenen Clinics gehen die Menschen zum Testen erst, wenn sie erste Krankheitssymptome spüren. Die einheimische Organisation NATTIC stellte eine (großartige!) qualifizierte Testerin und Beraterin, die mit unserem Team zu den Sprechstunden fährt, das Gesundheitsministerium unterschrieb ein Abkommen – und seitdem wird an unseren NCPs regelmäßig bei jedem Besuch des medizinischen Teams auf HIV getestet. Die positiv getesteten Menschen werden dann an eine Clinic weiter verwiesen, wo zusätzliche Tests und Laboruntersuchungen durchgeführt werden und mit der Medikation begonnen werden kann.  Wir hoffen allerdings sehr, dass wir demnächst auch die Medikamente gegen HIV an den NCPs ausgeben können, wenn uns nämlich „Ärzte ohne Grenzen“ (wie auf dieser Reise versprochen) ein weiteres Ambulanzfahrzeug übergibt, für das wir nur das Team bereitstellen müssen. Denn genau wie wir beobachtet „Ärzte ohne Grenzen“, dass auch HIV infizierte Menschen häufig nicht den einmal im Monat nötigen weiten Weg zu einer Clinic auf sich nehmen, um regelmäßig ihre Medikamente zu bekommen. (Man denke an die dreifache Mutter in ihrer Hütte.) Darum ist es ein gemeinsames Interesse, dass diese Menschen ihre Medikamente gleich bei uns an den NCPs in ihrer direkten Nachbarschaft bekommen.
Von der Ausgangsüberlegung, nur die an den NCPs betreuten Kinder medizinisch zu versorgen, bis zum jetzigen Konzept mit dem Schwerpunkt auf AIDS-Prävention (und hoffentlich bald: Medikation) für Kinder wie Erwachsene war es ein weiter Weg in rasend kurzer Zeit. Aber ein logischer Weg: Natürlich müssen die Kinder versorgt werden mit Nahrung und Kleidung und Betreuung – auch diesen Feldern wird weiterhin unsere Arbeit gelten (vgl. Bericht von Gerhard Grotz). Aber wer schüttet immerzu Wasser in einen Eimer mit einem Loch? Wer versucht nicht zunächst das Loch zu flicken? Am Allerwichtigsten in Swasiland ist es, die weitere Ausbreitung von HIV, häufig kombiniert mit TB, zu stoppen, sonst wird es immer mehr AIDS-Waisen geben, die an immer mehr NCPs versorgt werden müssen. Die HIV-Infektionen sind das Loch im Eimer. Dieses Loch zu flicken: Daran arbeiten wir mit, in intensiver Zusammenarbeit mit NATTIC und „Ärzte ohne Grenzen“, und dafür bitten wir um Unterstützung.
Warum es so wichtig ist, dass diese Arbeit durch einheimisches Personal und nicht durch fremde Ärzte geleistet wird, haben wir auf dieser Reise wieder eindrucksvoll erlebt. Jeder Besuch unseres medizinischen Teams an einem NCP beginnt mit einem Gebet auf siSwati, einem gemeinsamen (Kirchen-)Lied und einer flammenden Ansprache unserer medizinischen Koordinatorin Agnes Dlamini. Mit großer Autorität hat sie dieses Mal erklärt, wie die Kinder vor der zur Zeit grassierenden Rotavirus-Epidemie geschützt werden können, an der in den letzten Wochen immer mehr Kleinkinder gestorben sind. Danach aber geht es bei jedem Besuch um HIV und darum, dass jeder der Anwesenden sich testen lassen sollte. „Ich sage ihnen: Seid ehrlich – ihr geht doch alle zum Sangoma (Geistheiler), damit er die Knochen wirft und euch sagt, ob ihr die Krankheit habt oder nicht! Warum lasst ihr uns nicht für euch die Knochen werfen, auf unsere Weise? Dann kriegt ihr auch gleich die Medikamente, die euch wirklich helfen, damit ihr noch ein langes Leben haben könnt, selbst wenn das Ergebnis zeigt, dass ihr euch angesteckt habt. Unsere Knochen sind besser.“
Und Cynthia, die leidenschaftliche und energische Testerin und Beraterin, erzählt: „Mein Mann ist Pastor, und genau wie er sage ich den Menschen: „Soso, ihr glaubt, dass es bei HIV und AIDS genügt fromm zu sein und zu beten? Ihr sagt, ich bin Christ, ich glaube daran, dass Gott alles kann, und schließlich kann Gott ja Wunder tun? Dann sage ich euch: Ja, Gott kann Wunder tun! Aber wenn er uns erst mal Medikamente gegeben hat, dann ist das das Wunder, dann tut er keine weiteren Wunder mehr. Damit ist dann Schluss. Dann will er nämlich, dass wir uns selber helfen. Das will Gott, und das tut jetzt mal!“
Auch in Swasiland lassen die Menschen sich nicht gern testen. An unseren NCPs steigt ihre Zahl trotzdem kontinuierlich. Das haben wir ganz sicher auch den sehr afrikanischen Erklärungen von Agnes und Cynthia zu verdanken.